Gian Luca Krings

Künstler des Monats

Künstler des Monats Mai 2022

Der Künstler des Monats im Mai 2022 ist Gian Luca Krings. Im Gespräch erzählt er von der Entwicklung eines eigenen Zirkuselements, der Ästhetik seiner Nummern und seiner Leidenschaft für Tattoos, die für ihn auch Teil seiner Performance sind. Über sein Leben auf dem Kreuzfahrtschiff und zeitgenössischen Zirkus in Dubai spricht Gian Luca Krings im Interview des Monats. In unserer Rubrik „Künstler:in des Monats“ stellen wir regelmäßig eine Person aus der deutschen Zirkusszene vor. In Interviews stellen diese ihre Arbeit vor, sprechen über ihre Leidenschaft und teilen ihre Erfahrungen.

Gian Luca Krings
Gian Luca Krings (Foto: Alexander Georg)

Steckbrief

Name: Gian Luca Krings

Wohnort: Köln

Jahrgang: 1995

Ausbildung: Tilburg

Schwerpunkt: Strapaten, Strapez

Auftrittswunsch: 7Fingers; Absinthe in Las Vegas

Meine Passion: „Zirkus gibt mir das Gefühl von Freiheit und Freude am Leben.“

 

Kontakt
Website Instagram

Interview

Was sind die drei wichtigsten Dinge, die du an der Zirkusschule in Tilburg gelernt hast?
Gian Luca: Von Beginn der Ausbildung an wurde mir mitgegeben, selbstständig zu trainieren und mich nicht an Trainer:innen zu gewöhnen, die mir sagen, wie ich mich bewegen soll. Das war aus heutiger Sicht auf jeden Fall das Wichtigste. An zweiter Stelle der wichtigsten Dinge steht die Offenheit auf der Bühne, die mir mitgegeben wurde. Damit meine ich, dass ich mich stets selbst darin bestärken soll Dinge auszuprobieren, auch wenn sie mal in Sackgassen enden können. Wir wurden nicht in irgendeine Schiene gesteckt, sondern konnten individuell arbeiten. An dritter Stelle steht die hohe Qualität des Trainings, woraus ich vielfältige Inhalte für mich herausziehen konnte.

Was hast du an der Zirkusschule in Tilburg nicht gelernt?
Gian Luca: Die Eigenvermarktung als Artist habe ich gar nicht gelernt. Wie baue ich Kontakt zu Kund:innen auf? Wie präsentiere ich mich außerhalb der Bühne? Das sind Fragen, worauf ich mir erst selbst Antworten erarbeiten musste. Ansonsten hätte ich im Training gerne mehr Tanz in meinem Bewegungsreportire gelernt.

Was wärst du geworden, wenn du nicht Artist geworden wärst?
Gian Luca: Physiotherapeut oder Eventmanager

Gian Luca Krings
"Durch das Strapez experimentiere ich viel mehr mit abstrakten Figuren und neuen Bewegungen. Das fasziniert mich bis heute."
(Foto: Jona Movement Photograph)

Dein Schwerpunkt liegt auf der Kombination von Strapaten und einem Tanztrapez.
Gian Luca: Nach meinem ersten Jahr an der Zirkusschule in Tilburg habe ich angefangen neben dem Tanztrapez auch Strapaten zu trainieren. Irgendwann habe ich begonnen, beide Geräte miteinander zu verbinden. Ich testete unzählige Varianten, wie sich beide Elemente miteinander kombinieren lassen. Mit meinem Trainer Noé Robert arbeitete ich an Ideen für ein neues Element und lies es dann in Berlin bei Alexander Aerial Acrobatics herstellen: Das Strapez. Nach dem ersten Probetraining mit dem Strapez war ich hin und weg, weil mir die Kombination viel mehr Möglichkeiten eröffnete als die Strapaten oder das Tanztrapez im Einzelnen. Durch das Strapez experimentiere ich viel mehr mit abstrakten Figuren und neuen Bewegungen. Das fasziniert mich bis heute.

Was reizt dich am Strapez?
Gian Luca: Ich möchte die Menschen im Publikum faszinieren und sie mit meinem neuen Gerät und den daraus resultierenden Möglichkeiten begeistern. Dass das Publikum Teile meiner Tricks versteht, andere Bewegungsabläufe aber nicht nachvollziehen kann, das reizt mich total. Was mich antreibt, ist es, das Publikum in eine neue Welt zu entführen und neue „Wow-Momente“ zu schaffen.

An Zirkusschulen wird häufig Wert auf die Erfindung von neuen Geräten oder Disziplinen gelegt. Ist das auch für dich persönlich wichtig?
Gian Luca: Ich finde es für die Zirkus-Industrie wichtig, Neues zu kreieren. Dadurch bleibt die Zirkusszene frisch und innovativ und das potenzielle Publikum verliert nicht das Interesse. Für mich persönlich ist es auf der einen Seite wichtig, dass ich stets auf dem aktuellen Stand bin und mich weiterentwickle. Auf der anderen Seite möchte ich nicht auf der Überholspur sein; gestern das Trapez, morgen das fliegende Flugzeuggestell. Eine Kombination aus traditionellen und innovativen Elementen finde ich am spannendsten.

Tanztrapez wird teilweise noch immer mehr mit Frauen, als mit Männern in Verbindung gebracht. Macht es das für dich einfacher oder schwerer?
Gian Luca: Anfangs war ich im Glauben, dass es für mich einfacher ist. Da dachte ich noch, dass ich als Mann etwas Selteneres am Tanztrapez bin und dadurch hervorstechen kann. Inzwischen werden schon sehr viel mehr männliche Tanztrapezartisten gesucht. Insgesamt ist es aktuell ziemlich ausgeglichen, würde ich sagen.

Gian Luca Krings
"Ich lasse mich gerne von Statuen, Zukunftsbildern und dem menschlichen Körper inspirieren. "
(Foto: Dominikus Moos)

Wie würdest du die Ästhetik deiner Stücke beschreiben?
Gian Luca: Meine Nummern haben in der Regel keine spezielle Story. Ich lasse mich gerne von Statuen, Zukunftsbildern und dem menschlichen Körper inspirieren. Ziel meiner Nummern allgemein ist es für mich, die Leute aus ihrem Alltag abzuholen, in eine andere Welt zu entführen und Platz für die eigene Interpretation zu lassen. Abstrakte Formen und Bewegungen sind für mich ein zentraler Aspekt. Gerade auch mit dem Trapez und meinem Körper entstehen abstrakte Bilder.

Sind die Tattoos Teil der Ästhetik von Artist und Objekt?
Gian Luca: Tatsächlich sehr stark, ja! Meine Tattoos sehe ich als wichtigen Bestandteil für mich als Performer auf der Bühne. Mein ohnehin schon besonderes Strapez in Kombination mit meinen schwarzen Tattoos – das macht mich aus.

Hast du ein Zirkustattoo?
Gian Luca strahlend: Ja mein ganzer Unterarm ist voll mit Zirkustattoos: Ein Zirkuszelt, Popcorn, Zylinder, einer der ersten Tanztrapezartisten Kevin Beverly, ein Zirkusticket, Luftballons, ein Handstandartist. Das sind alles Dinge, die ich mit dem Zirkus verbinde und die mich daran erinnern.

Gian Luca Krings
"Meine Tattoos sehe ich als wichtigen Bestandteil für mich als Performer auf der Bühne. Mein ohnehin schon besonderes Strapez in Kombination mit meinen schwarzen Tattoos – das macht mich aus."
(Foto: Alexander Georg)
 

Aktuell bist du Teil einer Produktion auf einem Kreuzfahrtschiff.
Gian Luca: Wir sind mit zwei Shows unterwegs, die wir beide auf dem Kreuzfahrtschiff spielen: Die eine Show heißt „Sweet“ und spielt in einer Süßigkeitenwelt, in der ich am Strapez der Candyman bin. Meine Lieblingsshow ist die zweite Show „MYÜT“, die sehr viel abstrakter und zeitgenössischer ist und sehr zu meiner Art passt, wie ich mich als Artist an den Strapaten gerne präsentiere. Überraschenderweise kommt die zeitgenössische Show beim Publikum besser als die klassische Show an. Wir haben alle erwartet, dass in den Arabischen Emiraten und allgemein dem asiatischen Raum eine eher klassische Show bevorzugt wird. Und obwohl zeitgenössischer Zirkus in der Region noch unbekannt ist, kommt diese Show besser an.

Aktuell bist du auf einem Kreuzfahrtschiff in Dubai unterwegs. Arbeiten und gleichzeitig die Welt sehen – Lebst du deinen Traum-Lifestyle?
Gian Luca strahlend: Ja auf jeden Fall! Wenn man das machen kann, was man liebt, dafür bezahlt wird und gleichzeitig die Welt erkunden kann – besser kann es doch gar nicht laufen. Seit Februar 2022 bin ich jetzt schon unterwegs und werde noch ungefähr bis Ende des Jahres unterwegs sein. Ganz besonders freue ich mich auf Asien.

Machst du dir Gedanken über deine Zukunft?
Gian Luca: Die Pandemie hat mich hart getroffen und mich auch an meinem Beruf zweifeln lassen. Ohne die Pandemie wäre mir diese Zerbrechlichkeit meines Berufes vielleicht gar nicht so sehr bewusst geworden. Daher habe ich dann meine Ausbildung zum Physiotherapeuten angefangen, mit der ich super zufrieden war. Glücklicherweise erhielt ich nach drei Monaten Ausbildung wieder die ersten Auftrittsanfragen, weshalb ich mich dann wieder auf die Artistik konzentrieren konnte. Langfristig wird nach jetzigem Stand die Ausbildung zum Physiotherapeuten mein Plan B sein, wenn ich irgendwann nicht mehr als Artist arbeiten werden kann. Auf die Arbeit als Physiotherapeut freue ich mich!

 

©ZirkusPlus, Mai 2022

Gian Luca Krings mit seinem selbsterfundenen Strapez

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Gian Luca Krings Showreel

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden